Was ist Content Shock?

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Content Shock beschreibt das Phänomen, dass Online-Inhalte zunehmend an Sichtbarkeit verlieren, weil das Angebot an Content größer ist als die Nachfrage.

Der Begriff wurde erstmals 2014 vom US-amerikanischen Marketing-Experten Mark Schaefer in seinem Blog {grow} geprägt.

Als Content Marketing Agentur haben wir und unsere Kunden täglich mit Content Shock zu tun. Deswegen ist es für uns eine Herzensangelegenheit, über dieses spannende Thema aufzuklären.

Herleitung

Content Shock ist das Ergebnis der Anwendung grundlegender wirtschaftswissenschaftlicher Überlegungen von Adam Smith (1776) und David Ricardo (1817) auf zeitgenössisches Content Marketing: Preise werden von Angebot und Nachfrage bestimmt.

Zur Vereinfachung des Modells wird angenommen, dass Content kostenfrei verfügbar ist, also zum Preis von null konsumiert werden kann. Da die Erstellung und Vermarktung von Content jedoch Geld kosten, zahlen die Anbieter von Content einen Preis, damit ihr Content nachfrageseitig konsumiert werden kann.

Der Zeitpunkt, ab dem es ein Überangebot an Content gibt, heißt Content Shock.

Die Nachfrage an Content stagniert oder wächst nur langsam: Der Tag hat nur 24 Stunden. Selbst bei steigender Internetnutzung und Medienkonsum gibt es ein hartes Limit, wie viel Content maximal konsumiert werden kann.

Das Angebot hingegen wächst rasant: Die Anzahl an Blogs verdoppelt sich alle 6 Monate, Tendenz steigend (Technorati, Zahlen von 2006!). Gemäß YouTube CEO Susan Wojcicki laden Nutzer pro Minute 500 Stunden Videomaterial auf YouTube hoch (CBS, 2019), Tendenz ebenfalls seit Jahren steigend.

Eine Steigerung des Angebots bei weitgehend konstanter Nachfrage führt gemäß klassischen wirtschaftswissenschaftlichen Modellen zu einer Senkung des Preises. Im Fall von Content Marketing mit seinem „anbieterseitig negativen Preis“ bedeutet das, dass die Kosten für die Content-Erstellung und Vermarktung steigen.

Je mehr Leuchtreklame es gibt, desto mehr muss in eine noch aufmerksamkeitsstärkere Umsetzung und Inszenierung investiert werden. So ähnlich verhält es sich auch im Content Marketing.

Für manche Unternehmen lohnt sich Content Marketing dadurch unter Umständen nicht mehr.

Content Shock in Zahlen und Fakten

Die organische Reichweite auf Facebook betrug in 2012 noch knapp 16%. Bereits in 2019 betrug sie nur noch weniger als 1% (jacobdeen). Facebook selbst adressiert besorgte Unternehmen in seinem Business-Blog und impliziert Content Shock als Ursache: Warum nimmt die organische Reichweite ab?

96,94% aller YouTube-Kanäle haben weniger als 10000 Abonnenten (jokull, 2020). 88,4% aller YouTube-Videos haben weniger als 1000 Views (Pex, 2019). Nur 0,77% der YouTube-Videos sind für 82,83% aller Views auf der gesamten Plattform verantwortlich (ibid.)

Nur 0,63% der Google-Nutzer klicken auf ein Suchergebnis auf Seite 2 der Suchtrefferlisten (backlinko, 2022). Das heißt: Unternehmen müssen mindestens den zehntbesten Content in ihrer Zielregion und Zielsprache zu einem Suchbegriff erstellen. Anderenfalls werden sie von 99,37% der Google-Nutzer nicht wahrgenommen. Besonders schockierend: 90,63% aller Webpages verzeichnen keinen Traffic aus Google (ahrefs, 2020).

Das sind die Ursachen für Content Shock

  1. Verbesserter Zugang zum Internet: 2017 gab es erst 3,44 Milliarden Internetnutzer weltweit. 2022 waren es schon 5,28 Milliarden. Jedes Jahr kommen einige hundert Millionen zusätzliche Nutzer hinzu.
  2. Demokratisierung von Websites und Blogs: Content Management Systeme wie WordPress sowie Plattformen wie Blogger und Medium ermöglichen es Nutzern, auch ohne Programmierkenntnisse Content im Internet zu veröffentlichen. Jedes Jahr werden zudem mehrere Millionen Wikipedia-Artikel weltweit publiziert, die mit anderen Web-Inhalten um Sichtbarkeit konkurrieren (statista, 2022).
  3. Mobile Revolution: Laptops, Tablets und Smartphones ermöglichen die Content-Erstellung von unterwegs. Erinnern Sie sich? Um Texte und Bilder zu veröffentlichen, musste man ein bis zwei Jahrzehnte zuvor noch eine Digitalkamera per USB-Kabel an einen Rechner anschließen.
  4. Social Media: Die Popularität von Plattformen wie Facebook, Twitter, Instagram und TikTok bringt die Grenzen zwischen Produzenten und Konsumenten zum Verschwimmen. Junge Generationen wachsen bereits mit Social Media zu „Prosumenten“ (engl. „Prosumer“) auf. In den Sozialen Medien konkurriert der Content von privaten Nutzern mit dem von Influencern, professionellen Content Creators und Unternehmen.
  5. Content Marketing wird Mainstream: Einschlägige Content Marketing Erfolge wie die YouTube-Serie „Will it blend“ von Blendtec und die Aktivitäten von Red Bull rund um das Thema Sport haben sich schnell herumgesprochen. Bereits 2016 gaben 83% der befragten Unternehmen in der DACH-Region an, Content Marketing zu nutzen (Ligatus).
  6. COVID-19-Digitalisierungsschub: Während der Pandemie haben sich soziale Kontakte zunehmend aus der analogen Welt in die digitale Welt verlagert, wo der öffentliche Austausch in Form von Content erfolgt. Die Digitalisierungseffekte überdauern wenigstens teilweise die Pandemie, zumal der Anteil der Angestellten im Homeoffice dauerhaft von 4% auf 15% angestiegen ist (Hans Böckler Stiftung, Juli 2021).
  7. Künstliche Intelligenz: Tools wie Jasper AI und ChatGPT können als digitale Redaktionsassistenten genutzt werden. Midjourney und vergleichbare Anbieter generieren mit künstlicher Intelligenz (fast) fotorealistische Bilder. Menschliche Content Creator sparen dadurch einerseits Zeit in der Erstellung, aber müssen andererseits mehr Ressourcen für die Prüfung und Überarbeitung von KI-Content einplanen. Wie viel Künstliche Intelligenz zu Content Shock beiträgt, ist im Moment noch schwer zu sagen.

Lösung

Content Shock ist ein echtes Problem, dass sich unmittelbar auf die Wirtschaftlichkeit von Content Marketing Maßnahmen auswirken kann. Somit wird Content Marketing grundsätzlich in Frage gestellt.

Die gute Nachricht: Das Problem lässt sich bewältigen.

Hier sind einige Strategien, um trotz Content Shock Sichtbarkeit zu generieren:

  1. Suchintention treffen: Der Begriff „Suchintention“ beschreibt das, was der Nutzer sehen möchte, wenn er einen Suchbegriff in Google eingibt. Die Suchintention muss für jedes Keyword bzw. jedes Content Piece, das sichtbar werden soll, gesondert per „Suchintentions-Hierarchie-Analyse“ ermittelt werden. Die Analyse-Ergebnisse müssen anschließend bei der Content-Erstellung berücksichtigt werden. Der Aufwand lohnt sich: Denn der Google-Algorithmus belohnt jenen Content mit organischer Sichtbarkeit, der die Suchintention des Nutzers besonders gut trifft.
  2. E-EAT beweisen: Viele Marketing-Experten verweisen auf „Qualität“ als Lösung für den Content Shock, ohne jedoch zu definieren, was Qualität heißt. Dabei sind die Google Webmaster Guidelines eigentlich recht konkret: Sie fordern E-EAT. Das heißt: Content, der von der Erfahrung, Expertise, Autorität und Vertrauenswürdigkeit des Autors zeugt, erfüllt die Grundvoraussetzungen.
  3. Nische definieren: Es ist unglaubwürdig und schlichtweg unmöglich, fundiertes Fachwissen in jeder Branche zu haben. Zudem stiftet eine klare Positionierung Identität und weckt eine Erwartungshaltung, die der Content übertreffen und so den Nutzer begeistern kann. Daher ist es notwendig, sich auf eine genau definierte Nische zu fokussieren.
  4. Semantische Content-Cluster bilden: Guter Content sollte den Nutzer dazu bringen, mehr zu wollen. Informative Inhalte sollten nicht nur den unmittelbaren Informationsbedarf des Nutzers decken, sondern auch weiterführende Recherchefragen aufwerfen und beantworten. Unterhaltende Inhalte sollten ähnlichen Content empfehlen. Damit das funktioniert, muss es eine Mindestmenge an zusammenhängendem Content geben, der sich gegenseitig verlinkt – analog zu einer Mindmap.
  5. Qualität in 6 Adjektiven verstehen: Einzigartig, relevant, vollständig, genau, aktuell (oder zeitlos) und gut lesbar – so lässt sich guter Content charakterisieren (danke Alexander Rus).
Content: Qualität in 6 Adjektiven

Kritik am Modell „Content Shock“

Content Shock ist nichts Neues. Denn es sollte nicht überraschen, dass es auch im Content Marketing Wettbewerb gibt, der um eine endliche Menge an Sichtbarkeit konkurriert.

Auch wenn die Herleitung von Content Shock auf den ersten Blick schlüssig erscheinen mag, ist sie leicht phantasievoll und ziemlich unwissenschaftlich: Die klassischen wirtschaftswissenschaftlichen Modelle gehen davon aus, dass alle Marktteilnehmer jederzeit über alles perfekt informiert sind, damit Angebot und Nachfrage „ungestört“ einen Gleichgewichtspreis bilden können.

Das Problem: In einer Welt ohne Informationsasymmetrie ergibt das Konzept von „Content“ keinen Sinn, da Content eine Form von Informationstransfer ist – den es in dieser Welt definitionsgemäß nicht geben kann. Die Grundannahmen des Modells sind also in sich widersprüchlich.

Es wäre zeitgemäßer, Content Shock mit neoklassischen wirtschaftswissenschaftlichen Modellen zu erklären, in denen Informationen nicht perfekt verteilt sind. Dann funktionieren die einfachen Angebots- und Nachfragemodelle in dieser Form aber nicht mehr.

Content Shock modelliert einen Gleichgewichtspreis, der darüber hinaus anbieterseitig negativ ist. Außerdem wird Content in nur ein und derselben Qualitätsstufe angenommen. Gleichzeitig wird jedoch mit Qualität als Ausweg aus dem Content Shock argumentiert. Wieso werden die Auswirkungen von Qualität nicht direkt im Modell „Content Shock“ untersucht?

Fazit

Überzeugend an Content Shock ist, dass das Modell einem bekannten Phänomen einen Namen gibt. Es gibt außerdem beeindruckende Zahlen und Fakten rund um das Thema. Die sind gut geeignet für Storytelling und einen emotionalen Sales Pitch.

Weniger überzeugend ist hingegen die unmethodische Herleitung des Modells. Außerdem fällt der Neuigkeitscharakter gering aus: Es ist wenig überraschend, dass in jeder noch so innovativen Disziplin des Marketings innerhalb kürzester Zeit eine Wettbewerbssituation entsteht. Content Marketing ist keine Ausnahme.

Wir von svaerm betrachten Content Shock als wertvollen Reminder: Wir und unsere Kunden sind im Content Marketing nicht allein, sondern müssen uns mit intelligenten Konzepten und gutem Handwerk gegen den Wettbewerb durchsetzen.

Daher ist es unser Anspruch als Content Marketing Agentur, Content zu erstellen, der so überzeugend ist, dass er organisch sichtbar wird und Nutzer zu Leads konvertiert.

Kontaktmöglichkeit für Unternehmen

Sie planen ein Content Marketing Projekt und sind auf der Suche nach einem starken Partner, der sich im „Content Shock“ Zeitalter entschlossen gegen den Wettbewerb durchsetzt?

Dann sind Sie bei uns richtig. Bitte kontaktieren Sie uns per E-Mail oder über das Kontaktformular. Nach Erhalt einer schriftlichen Erstinformation beraten wir Sie gern telefonisch.

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Maxim Bollig
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