Agentur vs. Unternehmen: Welcher Arbeitgeber passt besser zu mir?
Wer in der Marketing-Branche den nächsten Schritt seiner beruflichen Entwicklung planen möchte, scrollt sich durch eine Vielfalt von Jobangeboten. Bei der Auswahl des passenden Arbeitgebers spielt es eine entscheidende Rolle, ob es sich um eine Agentur oder ein Unternehmen handelt. Warum das so ist und wo die Unterschiede zwischen Agenturen und Unternehmen liegen, erfährst du in diesem Artikel.
Was ist eine Agentur?
Agentur kommt von agere (Lateinisch: tun, handeln) und beschreibt im Allgemeinen einen Zusammenschluss von Personen, der im Sinne ihrer Mitglieder oder Kunden handelt. Auf die Marketing-Branche bezogen bedeutet das: Agenturen sind Unternehmen, die Marketing-Dienstleistungen für Firmenkunden erbringen.
Die meisten Agenturen arbeiten für mehrere verschiedene Unternehmen gleichzeitig. Projekte für Agenturen werden entweder öffentlich ausgeschrieben und aufgrund der Teilnahme an einem Wettbewerbsverfahren („Pitch“) vergeben, oder direkt bzw. privatwirtschaftlich akquiriert.
Agenturen unterschieden sich nach ihrem Schwerpunkt und in ihrer Bezeichnung. Hier eine (unvollständige) Übersicht über einige Arten von Agenturen:
- Werbeagentur
- Online Marketing Agentur
- SEO-Agentur
- Full-Service-Agentur
- Mediaagentur
- Designagentur
- PR-Agentur
- Messeagentur
Agentur vs. Unternehmen: Die Unterschiede
Die „typische Arbeit“ in einer Agentur oder in einem Unternehmen gibt es nicht. Die Unterschiede jeweils innerhalb sind dafür zu groß und Pauschalaussagen unmöglich. Ein Praktikum ist eine gute Möglichkeit, um Einblick in die jeweilige Arbeitssituation zu bekommen.
Abwechslung
Für eine Agentur haben jeder Kunde und jedes Projekt eigene Anforderungen und bedingen eine individuelle Teamstruktur. Besonders im Online Marketing, wo die Arbeit in Abhängigkeit von Algorithmen von Google, YouTube und Co. erfolgt, gibt es viel Veränderung. Dafür werden dynamische Strategien und Prozesse benötigt.
Agenturen betreuen in der Regel mehrere Kunden und Branchen. Das erfordert fachliches Know-how und die Bereitschaft, neues Wissen aufzubauen. Häufig ist auch die Multi-Tasking-Fähigkeit gefragt und die Konzentration besonders gefordert.
Unternehmen können ebenfalls abwechslungsreiche Tätigkeiten bieten. In großen Unternehmen werden viele operative Tätigkeiten jedoch delegiert und erlauben weniger Einblick und Spielraum bei der eigentlichen Umsetzung. Oft begegnet man auch einer Silo-Mentalität oder einer gewissen Betriebsblindheit, die einem abwechslungsreichen Arbeitsalltag entgegensteht.
Wer in einem kleinen Unternehmen als alleiniger Mitarbeiter für den Bereich Marketing verantwortlich ist, bekommt hingegen jede Menge operative Einblicke – muss allerdings oftmals feststellen, dass sein Verantwortungsbereich kaputtgespart wird oder bei all dem „learning by doing“ keine Zeit für strategische Planung und echte fachliche Weiterentwicklung bleibt.
tl;dr: Wer einen abwechslungsreichen Job und ein Umfeld für fachliche Weiterbildung sucht, wird eher in einer Agentur fündig. Aber auch hier sind Ausnahmen je nach Jobtitel bzw. Berufsbild möglich.
Kreativität
Agenturen sind Orte, an denen unterschiedlichste Talente zusammenkommen: Betriebswirte, Kommunikationsdesigner, Fotografen, Producer, IT- und Online-Marketing-Experten finden sich dort unter einem Dach. Die dynamische Atmosphäre und Kommunikationskultur in einer Agentur fördern und fordern die Kreativität zusätzlich. Angesichts der Vielzahl an Kundenprojekten und enger Deadlines wäre manch einer gerne „kreativ auf Knopfdruck“.
Kreativität ist dabei nicht immer etwas Buntes: Sie findet sich auch in Form von kreativen Lösungen und Strategien wieder. Think out of the box! Oder auch: Expand your box!
Zugegeben: In vielen Unternehmen wird Kreativität nicht als Kernkompetenz Nummer eins gefordert. Kreative Ideen werden stattdessen von außen eingekauft. Leider beobachten wir zudem vielerorts, dass sich Marketingabteilungen mehr mit sich selbst als mit ihren eigentlichen Zielgruppen (den potenziellen Kunden, nicht den Kollegen und Vorgesetzten) beschäftigen.
tl;dr: Kreative Köpfe finden ihren Bestimmungsort ganz klar in einer Agentur, für die Kreativität tägliches Brot ist.
Arbeitsatmosphäre und Firmenkultur
Die Arbeit in einer Agentur ist gekennzeichnet durch kurze Kommunikationswege und Projektzyklen. Eigenverantwortliches Arbeiten und Kommunikationskompetenz sind gefragt. Aber Vorsicht: Eine „Buddy-Atmosphäre“ kann mancherorts über stressige Jobs hinwegtäuschen und der Tisch-Kicker als Vorwand für überlange Arbeitstage genutzt werden.
In Unternehmen ist die Kommunikation durch feste Hierarchien und Entscheidungsprozesse zwangsläufig schwerfälliger und von der Idee bis zur finalen Umsetzung vergeht teils viel Zeit. Hinzu kommt, dass sich manche Führungskräfte gegen Innovation sperren. Etliche gute Ideen bleiben dann auf der Strecke.
Aufgrund der Größe vieler Unternehmen ist es nicht möglich, den Erfolg auf einzelne Leistungsträger zurückzuführen. Das motiviert eine gewisse Profilierungssucht – denn im Zweifelsfall erntet derjenige die Lorbeeren, der sich am besten verkaufen kann. Dies kann so weit gehen, dass in Unternehmen zwischen Leistungsträgern und Nicht-Leistungsträgern nicht mehr unterschieden werden kann.
tl;dr: Wer ein Freund dynamischer Arbeitskultur ist, ist in einer Agentur meist besser aufgehoben. Wer es ruhiger angehen möchte, sollte sich eher bei einem Unternehmen bewerben.
Verantwortung
Agenturarbeit bringt viel Verantwortung mit sich. Gerade bei kleineren Agenturen ist man häufig Projektmanager bzw. Online Marketing Manager, Kreativer und Qualitätssicherung in einer Person. Es ist unabdingbar, interdisziplinär zu handeln und die eigene Arbeit vor Abgabe oder Veröffentlichung auf Fehler zu überprüfen.
In Unternehmen stellt sich Verantwortung verbreitet hierarchisch dar: Während auf Juniorebene weniger Verantwortung zu tragen ist, hat man auf Führungsebene Verantwortung nicht nur für sich, sondern auch für andere. Inkompetenz fällt hier nicht so leicht auf wie in Agenturen oder wird schlichtweg nicht getadelt.
tl:dr; In Agenturen ist durch die vielfältigen Anforderungen der Jobs die Verantwortung des Einzelnen größer. Ob dir das gefällt, musst du selbst entscheiden.
Dynamik
Von der Idee bis zur finalen Umsetzung vergeht in Agenturen nicht nur weniger Zeit als in Unternehmen, es braucht auch weniger Meetings. Entsprechend zeitnah sieht man die Ergebnisse seiner eigenen Arbeit.
Viele Agenturen, insbesondere im Online-Marketing, praktizieren die Lean Startup Methode: Produkte und Dienstleistungen müssen nicht vom Start weg perfekt sein, sondern müssen funktionieren und kunden- bzw. marktseitig angenommen werden. Weiterentwickeln kann man sie auch nach dem Launch.
tl;dr: Bei der Agenturarbeit ist das Ergebnis direkt sichtbar. So kommt man leichter in einen „Flow“. Andererseits hat man in einem Unternehmen oftmals mehr Zeit, um Projekte abzuschließen.
Teamstruktur
Agenturen sind gekennzeichnet durch flache Hierarchien, kleine, häufig projektspezifische Teams und einen direkten Austausch mit Kollegen und Vorgesetzten. „Senior“ wird man hier durch Kompetenz und nicht aufgrund seines Jobtitels oder der Dauer der Betriebszugehörigkeit.
„Besonders im Online Marketing können Senior-Titel im Sinne des klassischen „Old Economy“-Verständnisses gefährlich sein. Solche Titel fördern den Hierarchiegedanken und geben teilweise Beachtung, wo keine hingehört. Stattdessen müssen wir als Online Marketer anerkennen, dass wir in einer Industrie arbeiten, die in Abhängigkeit von veränderlichen und selbstlernenden Algorithmen steht. Wir müssen mit den Änderungen schritthalten. Weil das Alter damit nichts zu tun hat, gibt es bei uns auch jüngere Experten, die ein know-how haben, das state-of-the-art ist. Wer das spannend findet, sollte Agenturen wie svaerm als potenziellen Arbeitgeber in Betracht ziehen.“ – Steffen Mai, Geschäftsführung von svaerm
In Unternehmen gibt es zumeist feste Abteilungen mit genau definierten Aufgaben. Das führt zu einem gewissen Maß an Bürokratie und einem gestörten Informationsfluss. Das kann den Blick über den eigenen Tellerrand schon mal hemmen.
tl;dr: Bei der Agenturarbeit ist das Ergebnis direkt sichtbar. So kommt man leichter in einen „Flow“. Andererseits hat man in einem Unternehmen oftmals mehr Zeit, um Projekte abzuschließen.
Auslastung und Arbeitszeit
Durch die vielfältigen Aufgaben ist die Auslastung des Einzelnen in Agenturen höher. Es gibt weniger Meetings als in Unternehmen, dafür sind die Projekte mit mehr Workload verbunden und die Arbeitszeiten häufig länger. Pauschal gilt dies jedoch nicht, das zeigen die vielen Ausnahmen.
Bei Unternehmen sind die Arbeitszeiten auf dem Junior-Level tendenziell deutlich kürzer als in Agenturen. Dafür wird bei Bedarf von Führungskräften eine entsprechende Mehrarbeit erwartet.
tl;dr: In Agenturen sind – von Ausnahmen abgesehen – bereits beim Berufseinstieg die Auslastung höher und die Arbeitszeiten länger als in Unternehmen.
Gehalt
In Unternehmen ist das Einstiegsgehalt meist höher als in Agenturen. Gründe dafür sind unter anderem der Einfluss von Betriebsräten und Gewerkschaften auf die Tarife, Tarifverträge und öffentliche Gehaltsgruppierungen. In den meisten Agenturen fehlt diese Einflussnahme.
Dafür kann man in Agenturen bei guter Leistung leichter Karriere machen. In den meist kleineren Agenturen fällt man als Leistungsträger stärker auf und muss seine Zeit und Energie nicht für „Symbolpolitik“ verschwenden.
In manchen Unternehmen kann es schwierig sein, auf eine bestimmte Position (z.B. Leitung Marketing) befördert zu werden, ohne dass zuvor der entsprechende Vorgesetzte das Unternehmen verlässt.
Darauf hat man keinen Einfluss, sofern alles mit rechten Dingen zugeht – und das ist nicht besonders motivierend. In Agenturen gibt es dieses Problem nicht, weil in den flexibleren Strukturen bei Bedarf neue Jobtitel geschaffen werden können.
tl;dr: Das Einstiegsgehalt ist in Unternehmen in der Regel höher, dafür steigt das Gehalt in Agenturen schneller, wenn die Leistung stimmt.
Berufliche Entwicklung, Perspektive
Eine Agentur ist nicht nur eine Kreativ-, sondern auch Lernschmiede. Durch die sehr abwechslungsreichen Tätigkeiten lernt man in Agenturen mehr als in Unternehmen. Das höhere Arbeitspensum trainiert Soft Skills wie Belastbarkeit, Zeitmanagement, Konzentration, Eigeninitiative und Priorisierung. Das macht Fachkräfte aus Agenturen zu begehrten Kandidaten auf dem Arbeitsmarkt.
Hinzu kommen die professionelleren Arbeitsbedingungen: Da Agenturen für mehrere Kunden arbeiten, können sie ein größeres Portfolio an Tools und Software abonnieren oder selbst entwickeln.
Es ist unbestritten, dass durch die Vielschichtigkeit der Projekte und Anforderungen die Lernkurve, d.h. der Erfahrungsgewinn in Bezug auf die Zeitachse, in Agenturen wesentlich steiler verlaufen kann als in Unternehmen.
tl;dr: Agenturen sind ein Sprungbrett für die weitere Karriere, egal ob diese in einer Agentur oder in einem Unternehmen weitergeht.
Verschwimmende Grenzen
Manchmal stellt sich die Frage, wo „Agentur“ aufhört und „Unternehmen“ beginnt. Die Grenzen verschwimmen zunehmend:
Es gibt Netzwerkagenturen, die sich wie Großkonzerne anfühlen und auch so agieren. Inhouse-Agenturen bewerben ausschließlich die unternehmenseigenen Produkte und Dienstleistungen, wodurch sie nur „unwesentlich kreativer“ sind als eine Inhouse-Marketingabteilung.
Andererseits gibt es auch schnell wachsende Start-Ups und Tech-Firmen, die wie große Agenturen auftreten, obwohl sie keine sind.
Fazit
Um es auf den Punkt zu bringen: Wem ein höheres Einstiegsgehalt und Arbeitnehmervorteile wichtig sind und ein weniger steiler Karriereweg mit weniger Herausforderungen ausreicht, für den oder die ist ein Unternehmen die erste Adresse.
Wer jedoch einen abwechslungsreichen und anspruchsvollen Job sucht, sollte eine Agentur in Betracht ziehen und sie als Katalysator und Sprungbrett für die eigene Karriere nutzen – ob langfristig in einer Agentur oder um später in ein Unternehmen zu wechseln, wo das gelernte leistungsorientierte Denken geschätzt und belohnt wird.
Die beste Erfahrung ist die, die man selbst macht. Um Einblicke in die Agenturarbeit zu gewinnen, ist ein Praktikum ideal. Die Erfahrung zeigt: Aus einem Praktikum kann leicht ein Traumjob fürs ganze Leben werden.
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