Die BITV einfach erklärt – Barrierefreie-Informationstechnik-Verordnung

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Am 25. Mai 2019 ist die aktualisierte Barrierefreie-Informationstechnik-Verordnung (BITV) 2.0 in Kraft getreten. Sie setzt die EU-Richtlinie 2016/2102 um, die fordert, dass Websites und mobile Anwendungen von öffentlichen Stellen des Bundes und der Länder barrierefrei gestaltet werden müssen. 

Der Eingang eines öffentlichen Gebäudes. Zwei Glastüren befinden sich nebeneinander. Links ist ein Symbol für barrierefreien Zugang und rechts ein Schild für Behindertenparkplätze.
Die BITV soll den barrierefreien Zugang zu Webseiten von staatlichen Stellen gewährleisten und ist damit die digitale Rollstuhlrampe der öffentlichen Einrichtungen.

Die BITV gibt es übrigens schon seit 2002. 2011 wurde sie erstmals überarbeitet und zur Version 2.0 umbenannt. Im Mai 2019 folgte schließlich die letzte Anpassung. Neu ist zum Beispiel, dass sie nicht mehr einen eigenen Standard vorgibt, sondern auf die Normen verweist, die im Amtsblatt der EU veröffentlicht wurden – kurz gesagt auf die Web Content Accessibility Guidelines (WCAG) 2.0. Von dem BITV 2.0 betroffen sind alle IT-Lösungen der öffentlichen Bundesverwaltung, also Websites, Webanwendungen, mobile Apps und sogar grafische Oberflächen.

Als Agentur für barrierefreie Websites bieten hier Ihnen hier einen Überblick über:

Das sind die Anwendungsbereiche und Ziele der BITV 2.0

Das große Ziel der Verordnung: Einen barrierefreien Zugang zu allen digitalen Angeboten von öffentlich verwalteten Stellen zu ermöglichen – ganz im Sinne der UN-Behindertenrechtskonvention. Somit soll die Inklusion von Menschen mit Lernschwächen, mangelnden Deutschkenntnissen und geistigen sowie körperlichen Behinderungen vorangebracht werden.

Das bedeutet: Websites, Intranets, mobile Apps, und Verwaltungsprozesse müssen für alle nutzbar sein. Egal, ob es um die elektronische Aktenführung oder andere digitale Dienste geht – alles soll barrierefrei funktionieren. Zu öffentlichen Stellen zählen sowohl Behörden als auch staatliche Organe und andere öffentlich-rechtlich Einrichtungen des Bundes / des Landes wie Museen oder Bibliotheken.

Die BITV 2.0 erweitert seit 2019 die Anforderungen auf intern genutzte digitale Anwendungen von staatlichen Stellen, sodass der Unterschied zwischen öffentlich zugänglichen und nicht-öffentlich zugänglichen Anwendungen entfällt. Das bedeutet, dass nun sowohl Internet- als auch Intranet-Inhalte sowie mobile Apps, die nicht für die Öffentlichkeit bestimmt sind, ebenfalls barrierefrei gestaltet werden müssen.

Exkurs BFSG – Pflicht zur Barrierefreiheit für bestimmt privatwirtschaftliche Unternehmen

Was bisher nur für öffentliche Einrichtungen galt, wird durch das Barrierefreiheitsstärkungsgesetz (BFSG) auch für privatwirtschaftliche Unternehmen zur Pflicht: Ab dem 28. Juni 2025 sind auch bestimmte Unternehmen gesetzlich verpflichtet, ihre Online-Angebote barrierefrei zu gestalten. Damit setzt Deutschland die EU-Richtlinie des European Accessibility Act (EAA) um. Diese Vorgaben basieren ebenfalls auf den WCAG.

Eine Frau mit einem deformierten Arm sitzt vor einem Laptop.
Mit einer barrierefreien Website werden Informationen im Internet bestmöglich für alle Menschen zugänglich gemacht.

Zwar ist die BITV und das BFSG in der Zielsetzung weitgehend identisch, doch die BITV 2.0 enthält 38 zusätzliche Kriterien, die nicht im BFSG aufgeführt sind. Das bedeutet, dass die Anforderungen für Unternehmen etwas geringer sind als für staatliche Einrichtungen.

Unsere Erfahrung zeigt sich durch die erfolgreiche Umsetzung zahlreicher Kundenprojekte: ob Inhalte in Leichter Sprache auf behördlichen Websites oder die Umsetzung von Elementen wie eine barrierefreie Website-Navigation. Sollten Sie Hilfe bei der Umsetzung einer barrierefreien Website benötigen, können Sie uns gerne kontaktieren.

Anforderungen an eine barrierefreie Website nach der BITV 2.0 und nach dem Stand der Technik

Gemäß § 3 der BITV 2.0 müssen die IT-Angebote öffentlicher Stellen die Anforderungen der WCAG Konformitätsstufe AA (Stufe A inbegriffen) erfüllen. Daraus lassen sich zusammengefasst vier Anforderungen und folgende Maßnahmen ableiten:

AnforderungMaßnahmen zur Erfüllung
1) WahrnehmbarkeitLesbarkeit von Texten verbessern: Einsatz von klarer und einfacher Sprache, gute Kontraste und Schriftgrößen, die für alle Nutzer gut lesbar sind.
Alternativer Text für Bilder: Nutzung von beschreibenden Texten für visuelle Inhalte, die für Bildschirmleseprogramme zugänglich sind.
2) BedienbarkeitAlternative Bedienfunktionen: Implementierung von Alternativen zu Mausfunktionen wie eine Tastaturbedienung der Navigation. 
Klare Navigationsstruktur: Eindeutige Headlines und Seitentitel sowie Kennzeichnung aller Funktionen wie Pop-up-Fenster oder zusätzlich verfügbare Informationen.
3) VerständlichkeitVerständliche Sprache verwenden: Informationen klar und verständlich formulieren.
Strukturierte Inhalte: Inhalte logisch gliedern, um die Orientierung zu erleichtern, z. B. durch klare Überschriften und Absätze.
4) RobustheitKompatibilität mit assistiven Technologien: Sicherstellen, dass digitale Inhalte mit Bildschirmleseprogrammen und anderen Hilfsmitteln kompatibel sind.
Einhaltung von Normen: Nutzung von harmonisierten Normen und Standards zur Sicherstellung der technischen Robustheit und Stabilität.

Doch damit ist es nicht getan. Sollte eine Website die vier genannten Anforderungen erfüllen, besteht nach der BITV 2.0 lediglich die Vermutung, dass die betreffende Website barrierefrei ist. Um die Barrierefreiheit tatsächlich zu gewährleisten, muss der Stand der Technik erfüllt sein. In Deutschland wird der Stand der Technik durch zwei sogenannte DIN-ISO-Normen vorgegeben: 

Die DIN EN ISO 9241 gibt Richtlinien für die ergonomische Gestaltung von Mensch-System-Interaktionen, um die Nutzung komfortabel, effizient und benutzerfreundlich zu machen. Sie umfasst Themen wie Benutzerfreundlichkeit, Displays, Eingabegeräte und Arbeitsplatzgestaltung.

Die DIN EN ISO 14289 legt fest, wie PDFs gestaltet werden müssen, damit sie auch für Menschen mit Behinderungen, z.B. mit Screenreadern, zugänglich sind.

Höchstmögliches Maß an Barrierefreiheit, Deutsche Gebärdensprache und Leichte Sprache

Für zentrale Einstiegsseiten wie die Startseite, Formulare und Authentifizierungs-, Identifizierungs- sowie Zahlungsprozessen genügt die Konformitätsstufe AA der WCAG 2.1 nicht aus. Hier gibt die BITV die Konformitätsstufe AAA (inklusive Stufe A und AA) vor.

Explizit auf der Startseite müssen außerdem folgende Informationen in Deutscher Gebärdensprache und in Leichter Sprache bereitgestellt werden:

  • Die wesentlichen Inhalte der Website müssen erklärt werden
  • Die Navigation der Website muss erklärt werden
  • Die Erklärung zur Barrierefreiheit 
  • Verweise auf andere Webinhalte in Leichter Sprache und Deutscher Gebärdensprache, welche das Thema ergänzen / ebenfalls darüber informieren
Die Startseite der Website Klimaschutz Frankfurt in Leichter Sprache auf einem Smartphone und auf einem Tablet.
Die Website klimaschutzfrankfurt.de wurde von uns programmiert und die Kernelemente in Leichter Sprache zugänglich gemacht.

Erklärung zur Barrierefreiheit

Eine weitere Vorgabe an öffentliche Stellen nach der BITV 2.0 ist die Erstellung und Veröffentlichung einer Erklärung zur Barrierefreiheit. Diese muss auf der Website sowie bei einer Anwendung im App-Store abrufbar sein.

Bei der Erstellung und beim Upload der Erklärung sind folgende Punkte zu beachten:

1) Platzierung der Erklärung:

  • Die Erklärung muss leicht von der Startseite und jeder anderen Seite einer Website zugänglich sein. Für mobile Apps ist sie dort zu platzieren, wo die Anwendung heruntergeladen werden kann, oder auf der Website der jeweiligen öffentlichen Stelle.

2) Inhaltliche Anforderungen:

  • Bewertung der Barrierefreiheit: Die Erklärung muss klarmachen, ob die Website oder die App den Barrierefreiheitsanforderungen entspricht. Es muss angegeben werden, wie die Barrierefreiheit geprüft wurde, z.B. durch eine interne Bewertung oder eine externe Überprüfung.
  • Nicht zugängliche Inhalte: Bereiche, die nicht barrierefrei sind, müssen in der Erklärung aufgeführt werden. Es sollte angegeben werden, warum sie nicht zugänglich sind und, wenn möglich, alternative Lösungen oder Formate bereitgestellt werden.

3) Feedback-Mechanismus:

  • Ein Mechanismus zur Kontaktaufnahme für Nutzerinnen und Nutzer sollte integriert sein, damit diese Barrieren melden oder Fragen zur Barrierefreiheit stellen können. Dieser Mechanismus sollte ebenso wie die Erklärung auf jeder Seite der Website leicht erreichbar sein.

4) Jährliche Aktualisierung:

  • Die Erklärung zur Barrierefreiheit muss jährlich oder bei jeder wesentlichen Änderung der Website oder App aktualisiert werden.

5) Erwähnung der Überprüfung:

  • Die Erklärung muss angeben, wer die Barrierefreiheit bewertet hat, z.B. ob es sich um eine interne Überprüfung oder eine externe Bewertung handelt.

6) Verweis auf Schlichtungsstelle:

  • Die Erklärung sollte Informationen zur Schlichtungsstelle enthalten, an die sich Nutzerinnen und Nutzer wenden können, wenn sie mit der Barrierefreiheit der Website oder App unzufrieden sind.

Die genauen Inhalte und Vorgaben sind auf der offiziellen Website zur Barrierefreiheit und Dienstkonsolidierung der Bundesregierung zu finden: Portal Barrierefreiheit.

Fazit

Zusammengefasst muss eine Website einer öffentlichen Stelle gemäß der BITV 2.0 die vier Anforderungen der WCAG Konformitätsstufe AA (inklusive Stufe A) erfüllen. Um die Barrierefreiheit der Website zu gewährleisten, müssen zusätzlich die DIN-ISO-Normen 9241 und 14289 umgesetzt werden.

Die Startseite oder andere zentrale Einstiegsseiten, Authentifizierungs-, Identifizierungs- sowie Zahlungsprozesse auf der Website müssen gesondert betrachtete werden. Hier gilt die Konformitätsstufe AAA (inklusive A und AA). Außerdem müssen die Kernelemente der Website zugänglich in Deutscher Gebärdensprache und Leichter Sprache zur Verfügung gestellt werden.

Möchten Sie Ihre Website barrierefrei gestalten? Als Agentur für barrierefreie Websites unterstützen wir Sie gerne. Kontaktieren Sie uns unverbindlich über das untenstehende Formular. Gerne vereinbaren wir anschließend einen Termin für ein Gespräch – ob telefonisch, per Videocall oder bei einem persönlichen Treffen vor Ort.

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Max Hertel
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